Vor einiger Zeit freuten Sie sich über eine gelungene Reparatur an Ihrem Fahrzeug. Sie empfingen ein Glanzstück, an welchem der Farbton und dazu eine makellose Fläche stimmten. Plötzlich aber dann, manchmal schon nach ein paar Wochen, vielleicht auch erst ein paar Monaten, werden Mängel sichtbar. Einige davon könnten sein: |
Schleifriefen und –kringel, Randmarkierungen von Spachtelflecken
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Meist treten solche, als Nachfallerscheinungen bezeichnete Mängel in Bereichen auf, die zuvor beschädigt waren und instandgesetzt werden mussten. Was ist geschehen? Riefen und Kringel im Lack sind sichtbar gewordene Schleifspuren, die durch späteren Volumenverlust des nachfolgenden Lackaufbaus begründet sind. Dieser Schrumpfungsvorgang ist je nach verwendetem Material leicht unterschiedlich, aber grundsätzlich normal. Eine darauf fachmännisch ausgerichtete Vorarbeit, nämlich das Vermeiden, Spachtelaufträge auf der Altlackierung auslaufen zu lassen und ein in mehreren Schritten abgestuftes Feinschleifen der Reparaturstelle vermeidet postume Veränderungen der Fläche.
Einige Aspekte führen dazu, dass eine auf die Qualität drückende Tendenz in der Instandsetzungsbranche zu beobachten ist:
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- der auftraggeberseitige Wunsch nach einer möglichst preisgünstigen Reparatur
- von Versicherungen oftmals angezweifelte und nicht akzeptierte Instandsetzungszeiten, die ebenso nach Kosteneinsparungen streben
- einige Gutachten weniger „gut“ zu bezeichnen sind, da sie von Sachverständigen gefertigt wurden, welche keine gelernten Lackierer sind und ihr Wissen lediglich aus theoretischen Schulungen und Vorführungen beziehen
- und schließlich die Arbeit vieler Spengler, die sicherlich hervorragende Metallbearbeiter sind, jedoch vom Metier eines fachgerechten Lackaufbaus außer, dass eine zu spachtelnde Fläche angeraut werden muss, wenig gehört haben
Das alles ist nicht böse gemeint, denn bei jedem Aspekt können Gründe für das Warum aufgeführt werden. Die prekären Auswirkungen allerdings sind, dass der am Objekt werkelnde Lackierer (und sicher auch schon der Karosseriebauer) nach Möglichkeiten suchen, sich das höchst zeitintensive fachgerechte Instandsetzen zu erleichtern. Einsparen beim Flächenvorbereiten und Fertigschleifen sind die Folge. Dumm genug, dass die Lackindustrie mit ihren sogenannten Dickschichtfüllern diese „Kollegen“ zu solcher Verfahrensweise regelrecht anregt: Wozu der Name „Füller“, wenn er nicht füllt?! Je dicker aber die Schichtdicke des aufgetragenen Materials ist, umso mehr verliert es später an Volumen und umso mehr werden Nachlässigkeiten sichtbar.
Vermeidung: Lesen Sie den Beitrag „Richtig spachteln“. Abhilfe: Stelle mit Schadensbild großzügig entfernen, Spachtel- und Lackaufbau komplett erneuern.
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Stellenweise Verfärbungen im Lack
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Manchmal in der Fläche, aber auch im Kantenbereich von lackierten Teilen könnten sich Farbtonveränderungen zeigen. Drei Ursachen seien hier angeführt:
- zu viel Härter im darunterliegenden Polyesterspachtel
- Kontakt des Basislackes mit dem Stahlblechuntergrund (nur bei Metallics)
- Durchbluten von anilin- oder teerhaltigen Farbstoffen
Verfärbungen durch Peroxide PE-Spachtel benötigen zum Aushärten einen peroxidhaltigen Zusatz, den man für gewöhnlich per Hand zusetzt und einmischt. Aber nur 2-3 % des Härters sind dafür notwendig! Die rote Einfärbung Härterpaste soll ein gleichmäßiges Vermischen mit dem Spachtel gewährleisten. Wenn keine rötlichen Schlieren auf dem Mischbrett/-spachtel auszumachen sind, ist dieser richtig aktiviert. Rosa darf der eingerührte Klops allerdings nicht aussehen, denn zu viel Masse aus der Tube werden nicht gebunden. Das Superoxid bleibt aktiv und lauert auf nachfolgende Schichten, um diese chemisch zu verändern. Nicht bei jedem Farbton kommt es nun zum „Durchbluten“ des Spachtelfleckes! Denn ob und wie sich das Peroxid mit dem Farbpigment verbindet, kommt sicherlich auf die Art und Reaktionsfreudigkeit des letzteren an.
Vermeidung: Auf korrekte Härtermenge und auf homogenes Vermischen mit der Spachtelmasse achten! Abhilfe: Spachtelaufbau und somit Lackierung erneuern.
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Verfärbungen durch Kontakt von Wasserbasislack mit blankem, nicht grundierten Metall Kommt ein Metallic-Wasserbasislack direkt mit dem Blechuntergrund in Berührung – und das geschieht vornehmlich im Kantenbereich, wo schnell mal in der Lackiervorbereitung die Grund-/Füllerschicht durchgeschliffen und dann nicht grundiert wird – so kann postum eine chemische Reaktion einsetzen, bei der sich das Alupigment zu Aluminiumhydroxid verändert. Ausschließlich Perlpigmente enthaltende Basislacke und Uni-Basecoats sind davon nicht betroffen, da sie kein Aluminium enthalten. Das Aluminiumhydroxid erscheint farblich in einem dunkleren Grau bis Blau, nunmehr ohne Metalleffekt, und beeinflusst naturgemäß auch die es umgebenden Farbpigmente. Sauber abgegrenzt korrekt auf der Durchschliffstelle können wir dunkler veränderte Flecken feststellen, wie die nebenstehenden Bilder zeigen.
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Vermeidung: Werksgrundierung an Kanten nicht blankschleifen, Durchschliffstellen stets grundieren, AUCH vor einem Nass-in-Nass-Füllerauftrag (Datenblätter studieren - einige NiN-Füller dürfen nicht auf blankes Metall appliziert werden)! Abhilfe: Lackierung erneuern, Kanten ordentlich grundieren – bestens dazu geeignet sind 2K-Epoxy-Grundierungen. Auch manche, aber nicht alle Füller sind geeignet (Datenblatt lesen!). Wichtig ist in jedem Fall, den direkten Kontakt vom Wasserbasislack zum Stahlblech zu unterbinden.
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Verfärbungen durch Farbstoffe einer Altlackierung Wir nennen es auch „Durchbluten“. Simpelste Erklärung: Während Pigmente im Bindemittel, z.B. Acrylharz fein verteilt schwimmen, lösen sich Farbstoffe dort richtig auf. Enthalten Altlackierungen Farbstoffe, gern wurden solche zur Leuchtkraftverbesserung roten und orangen Farben zugesetzt, dann kann es passieren, dass die Lösemittel der neuen nassen Lackschicht diese Farbstoffe anlösen, welche dann durch die gerade aufgebrachte Beschichtung diffundieren und als durchgeblutete Flecke sichtbar bleiben. Die Fa. ICI machte das sich in den 90-ern mit einem Brilliantrot zunutze: Man spritzte ein Metallic-Rot als Basislack, der eigentlich so nicht sehr spektakulär aussah. Der anschließende Klarlack jedoch löste dessen Farbstoffbestandteile, die nun in den nassen Klarlack hineinbluteten und eine tolle Farbbrillanz ergaben. Das, was man heute aufwendig mit eingefärbten Klarlack macht....
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Vermeidung: Altbeschichtungen nach dem Anschleifen testen, indem man eine kleine Probefläche beschichtet. Abhilfe: Lackierung erneuern ist die beste, aber auch zeitintensivste Methode. Man kann aber auch versuchen, durchgeblutete Stellen zu isolieren. Logischerweise eignen sich hierzu lösemittelarme bzw. wasserbasierende Materialien, welche in dünnen Schichten mit Trocknungszeiten zwischen den einzelnen Applikationsgängen aufgebracht werden. Sollte der Absperrgrund noch dazu ein Metallic sein, verbessern sich die Chancen des Erfolges nachhaltig, denn die sich parallel ausrichtenden Aluminiumplättchen bewirken eine Art „Schindelabdeckung“ des Untergrundes.
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Wasserflecke und Rissbildungen
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Das nebenstehende Bild zweigt eine siebenjährige Lackierung mit merkwürdigen Wasserflecken und zusätzlichen Rissen im Klarlack. Eine Laborprüfung beim Lackhersteller ergab eine Überbeschichtung des Basislackes (40 statt empfohlene 25 µ) als auch der Klarlackschicht (statt 50-60 µ wurden 82-92 µ gemessen). Zur Vergegenwärtigung: 1 µ , auch Mikron genannt, entspricht einem Tausendstel Millimeter! Die wirklichen Gründe bleiben im Dunkeln. Um 2009-2010 arbeiteten wir mit einem neuen Klarlackprodukt, welches die Lackierwelt revolutionieren sollte - UV-Klarlack. Kollegen, die 2 Jahre diesen Klarlack verarbeiteten, klagten über etliche postume Mängel, mit denen sie konfrontiert wurden. Wir hatten an der Zahl vier Beanstandungen, die meiner Meinung nach auch nicht Jahre nach Ablauf der Garantiezeit auftreten dürfen (die anderen drei waren sporadische Bläschenbildungen des Klarlackes. Fast ein halbes Jahrzehnt von Markt genommen, schickt sich die Fa. Sikkens an, einen zweiten Start zu wagen....
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Vermeidung: Überbeschichtungen vermeiden, Basislacke sollen nur den Farbton ergeben, nicht füllen. Deshalb: Tönfüller oder im Grauwert angepasste Füller verwenden (ValueShade® System). Ablüftzeiten einhalten. Heutige Klarlacke mit anderthalb bis maximal zwei geschlossenen Gängen auftragen. Keine Staubeinschlüsse versuchen zuzuschwemmen. Abhilfe: Lackierung komplett erneuern. Nach den Vermeidungsregeln arbeiten. |
Runzelbildungen
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Wenn eine Lackbeschichtung oberflächig abbindet, aushärtet oder eben trocknet, in der Tiefe aber noch weich und nicht ausgehärtet ist, kommt es früher oder später zum Runzeln. Was nichts anderes ist, als dass die aufgebrachte Beschichtung einem bei der weiteren Trocknung so großen Volumenschwund ausgesetzt ist, dass die oberflächliche dünne Haut mitschrumpft. Zwei Ursachen sind mir in meiner beruflichen Laufbahn bekannt:
- Überbeschichtungen bei oxidativ trocknenden Materialien, wie Alkydharz- oder Öllacke (besonders zu finden bei Lackabsetzungen oder Läufern.
- Beschichtungen von 2K-Lacken, bei denen vergessen wurde, den Härter beizumischen (siehe nebenstehendes Bild einer Azubi-Arbeit)
Das beste Beispiel für Runzelbildung ist das damalige DDR-Produkt Penetriermittel, ein phantastisches Grundiermaterial auf Ölbasis, was ewig lange zu trocknen pflegte.
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Vermeidung: Überbeschichtungen und Läufer vermeiden. Wenn höhere Schichtdicken erwünscht werden, mit Zwischentrocknung besser zweimal Lackieren. Auf das Einhalten von Spritzviskosität achten und erforderliche Zusätze nach Herstellervorgaben beimischen. Bei hohen Umgebungstemperaturen mit langer offenbleibenden Verdünnern und Härter arbeiten. Abhilfe: Es gibt keine Regel für die anzuwendende Methode. Der Zeitfaktor ist maßgebend. Erst nach guter Durchtrocknung Läufer hobeln oder schleifen, nachtrocknen lassen. Je nach Sachlage mit einer hauchdünnen Schicht 2K-Klarlack mit Elastifiziererzusatz isolieren. Wenn Härter vergessen wurde, alles runterwaschen. Härter nachträglich rübersprühen ergibt ähnlich schlechte Ergebnisse. |
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