Richtig Spachteln

Die Dellenbeseitigung mit „Mumpe“ will gekonnt sein

Eine alte Lackiererregel, die ich schon vor fast 50 Jahren in der Berufsschule vernahm, sagt:

„Spachtelauftragsstärken sollten immer so niedrig wie möglich gehalten werden,
da sie stets der schwächste und anfälligste Teil des Lackierungsaufbaus sind!“

Dass das auch für "moderne" 2K-Spachtel gilt, zeigt eine Studie, die mir freundlicherweise Herr Friedrich Nagel, nunmehr ehemaliger „Präsident des Zentralverbandes der Karosserie- und Fahrzeugtechnik“ (ZKF) im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit einem Kfz-Sachverständigen zur Verfügung stellte. In dieser wird von Spachtelaufträgen stärker als 2mm grundsätzlich abgeraten, während das KTI (Kraftfahrzeugtechnische Institut) im Schlussplädoyer ihrer „Untersuchung von 02/2006“ bemerkt: „...dass der Auftrag von Spachtelmassen in einer Dicke über 2mm in der Karosserie-Instandsetzung nur bedingt zu empfehlen ist.“

Bei beiden Analysen wurde jedoch nicht näher auf die Untergrundvorbereitung eingegangen! Und, um die Grenzen von Spachtelaufträgen betreffs des Einschließens von feinen Luftbläschen aufzuzeigen, mussten die jeweiligen Aufträge von 1-5mm sowie einer von 10mm jeweils in einem Aufziehgang erstellt werden! Gerade letzteres ergab bei Schichtdicken über 2mm, dass sich bei zunehmender Schichtdicke durch das immer locker werdende Aufbringen des Spachtels der Luftbläscheneinschluss, und somit die mögliche Ursache zu späteren Mängeln erhöhte.

  Doppelklinge

Ergänzend bemerkte Herr Nagel zu den Schichtdicken, dass man sich derzeit seitens der Automobilindustrie, auf Grund der Verarbeitungsproblematik des bleifreien Lotes vom Verzinnen abwendet und ausschließlich auf Spachteln übergeht. Da sind Spachtelaufträge von über 2mm oftmals gar nicht zu verhindern. Ich, als Lackierermeister mit inzwischen mehr als 45 Jahren Berufserfahrung, konnte in meiner Berufspraxis immer wieder feststellen:
Wesentlich für die Haltbarkeit UND Unsichtbarkeit einer Spachtelstelle ist immer die fachlich sorgfältige Ausführung der Arbeit unter Berücksichtigung folgender Kriterien:

  • Location der Schadstelle (Ist der Untergrund großflächig oder Bewegungen, auch Vibrationen unterworfen?)
  • Charakteristik/Eigenart des Untergrundmaterials
  • Richtige Wahl des darauf abgestimmten Füllmaterials (Spachtel- oder Klebemasse)
  • Die akribisch sorgfältige Vorbereitung des Untergrundes
  • und die Einhaltung der alten Maler-/Lackiererregel: „Besser zweimal dünn, als einmal dick!“, wobei DANN auch Schichtdicken über 2mm keine Probleme bereiten!
   

Etwas über Material und Geschichte

   

Spachtelmassen bestehen u. a. im Wesentlichen aus Füllstoffen bzw. Füllpigmenten (z. B. Kreide oder Schwerspat) und für den Zusammenhalt sorgenden Bindemitteln. Zusätze, welche die Eigenschaften der Verarbeitung, aber auch die des ausgehärteten Spachtelflecks, beeinflussen sollen, vervollständigen den Mix. Ganz allgemein verständlich, könnte man die Sache mit Beton vergleichen: Das eine ist der Kies und das andere der Zement, der den Kies bindet und zusammenhält. Latexähnliche Additive sorgen für bessere Haftung und Elastizität. So, wie Zementmörtel seinen Namen vom Binder erhielt, sind Spachtelmassen ebenso nach ihren charakteristischen Bindemitteln benannt: Latex-, Öl-, Alkydharz-, Nitro-, 2K-Epoxy- oder -Polyesterspachtel.

Vor „meiner“ Zeit waren noch langsam trocknende Öl-Spachtel aktuell. In der DDR-Ära gab es dann meist nur hellgrauen Alkydharz- oder rotbraunen Nitrospachtel, die Vater in großen 50kg-Hobbocks einkaufte. Der erstere füllte zwar gut, war super-weich und somit gut zu schleifen, wies aber meist Luftporen auf und konnte deshalb und auf Grund seiner saugenden Eigenschaften nicht zum „Nachflecken“ (Nachspachteln kleiner Stellen unmittelbar vor dem Decklack) benutzt werden. Auf Grund seiner oxidativen Trocknung bildete er in den Hobbocks recht schnell eine dicke Haut, die man vor der Entnahme akribisch genau entfernen musste, um Klütern im zu verarbeitenden Material zu vermeiden. Die Pellebildung konnte man minimieren, indem eine Wasserschicht auf der Spachtelmasse den Luftkontakt bremste. Der rotbraune Nitrospachtel hingegen war zwar schnelltrocknend und porenfrei, ließ sich aber leider nicht so gut schleifen und füllte recht schlecht, sodass meist zwei- oder dreimal eine Stelle gespachtelt werden musste.

Heutzutage gibt es Alkyd- und in den Eigenschaften wesentlich verbesserten Nitro-Kombispachtel in Tuben. Beide Materialien kann ich nur zum Schließen kleinster Poren oder Fehlstellen empfehlen. Für tiefere Beulen sind die genannten Spachtelsorten ungeeignet.
Für Unebenheiten, tiefer als etwa einen halben Millimeter sind Zweikomponentenspachtel zu verwenden. Diese Materialien härten in einem Zuge sehr schnell aus und das fast ohne merklichen Volumenschwund. Diese Vorteile wussten wir Lackierer schon zu „Ostzeiten“ zu schätzen. 2K-Polyesterspachtel waren im real existierenden Sozialismus allerdings nur im Intershop oder als von „drüben“ mitgebrachter Ware zu haben. Die Lösung für nicht mit Valuta Gesegnete hieß: Mökodur. Ein Harz wurde mit Pulver angemischt. Mökodur wurde steinhart und war manchmal der Anlass für Reklamationen, wenn sich große Stellen, meist durch Unterrostung vom Untergrund lösten....

  Spachtelsorten
Farbloser Spachtel

2K-Spachtelmassen sind in der heutigen Zeit aus Lackierereien nicht mehr wegzudenken. Die Auswahl ist recht beachtlich. Vom Füll- und Feinspachtel über faserarmierte Mischungen bis hin zu Metall- oder Leichtfüllstoffe enthaltende Materialien ist alles im Angebot. Interessant auch für Lasur- und Farbloslackierungen auf Holz zum Füllen von tiefen Maserungen oder Astlöchern: Erhältlich ist auch farbloser 2K-Karbonspachtel und -füller (siehe rechtes Bild). Weiterhin gibt es von den Fahrzeugherstellern geprüfte und freigegebene "Zinnersatz-Spachtel" mit Metallspanzusätzen, die teilweise, wie einst das Ost-Mökodur, aus Pulver und Harz angemischt werden.


Die fachgerechte Vorbereitung

   

Hier mal einige Regeln, die es einzuhalten gilt, um später auftretende sichtbare Fehler zu vermeiden und eine permanente Qualität zu garantieren.

  • Der Untergrund sollte immer, größer als der angedachte Spachtelfleck, metallisch blank gemacht werden und, um einen Unterrostungsschutz zu gewährleisten, VOR dem Spachtelauftrag
  • mit einem 2-Komponenten-Epoxyprimer dünn grundiert sein. ACHTUNG! Als Korrosionsschutz unter PE-Spachtel darf NUR 2K-Epoxy-Primer verwendet werden! NICHTS anderes und erst recht keine 1K-Grundierung! Dann schon eher auf das blank geschliffene Blech spachteln...
  • Auslaufränder zur angeschliffenen Altlackierung sind feinst zu schleifen (ca. 240-er Sandpapier).
  • Für große zu spachtelnde Flächen, welche auch Schwingungen unterliegen, empfehle ich eine Unterlage mit 2K-Glasfaserspachtel zu ziehen, anschließend sollte mit 2K-Feinspachtel weitergearbeitet werden, da dieser besser schleifbar und vor allem porenfreier ist.
  • Tiefere Unebenheiten zur Haftungsverbesserung sehr dünn vorziehen (die Spachtelmassen quasi "einkratzen/einmassieren" in den Untergrund). Erst danach den nächsten Spachtelauftrag flächenfüllender gestalten.
  • Für Stoßfänger gibt es neben bestimmten 2K-Epoxyklebern auch elastische Polyesterspachtel. Diese werden unter allerlei Namen angeboten. Inzwischen haben wir etliche getestet und waren von der versprochenen Elastizität mancher Markenerzeugnisse gar nicht begeistert. Nach langem Suchen und Vergleichen der Produkte verwenden wir nun einen Polyesterspachtel für Kunststoffe in unserer Werkstatt, der zwar teurer, aber unvergleichlich bessere Flexibilität aufweist. Der Biegetest hier im nebenstehenden Bild zeigt es deutlich. SO wie im nebenstehenden Bild sollte die Elastizität eines Spachtels für den Einsatz an biegsamen Kunststoffen wie beispielsweise Stoßfängern ausschauen. Diese Kriterien erfüllen inzwischen, seit ich das Foto im Jahre 2012 machte, viele Anbieter. Hier einige Namen: Kent® Flexi Fill, Retech® HT Elastic Filler, afin Elastic Filler von Akemi®, roberlo® futura flex und seit 2016 Cromax™ Plastic Putty. Und weitere, besonders die renommierter Lackhersteller, sind sicherlich ebenso gut, von uns aber nicht getestet. Der im Mai 2014 von uns selbst geprüfte Leicht-Spachtel von "roberlo®" übertraf zwar alle vor ihm genannten in punkto Elastizität und, sicherlich auch interessant, in seinem geringen Gewicht und guten Schleifbarkeit, schwächelte aber in einigen Lieferchargen durch  Austrocknung in der gerade geöffneten Dose! Seit 2016 verwenden wir ausschließlich die Cromax Qualität....
  Spachteltest Spachteln


Die richtige Verarbeitung

 

Vorausgesetzt, Sie haben die vorstehenden Punkte zur Flächenvorbereitung beachtet und abgearbeitet, kommen wir zum eigentlichen Umgang mit der Mumpe.

  • Polyesterspachtel wird mit 3-5% Härter gut vermischt, und zwar nur so viel, wie in ca. 5 Minuten verarbeitet werden kann. ACHTUNG! Die rote Färbung des Härters ist NICHT dazu gedacht, dass nach dem Einmischen der Spachtelmix schön rosa aussieht, sondern soll lediglich der Kontrolle des gleichmäßigen Vermischens dienen! Roséfarbener Spachtel hat zu viel Härteranteil und kann zu Farbtonveränderungen der nachfolgenden Lackfarben führen!!!
  • Auf Fläche geschliffen wird der Spachtelfleck je nach Größe und Auftragsweise mit Sandpapier-Körnungen angefangen von P80 bzw. P120 in 100-er Abstufungsschritten bis ganz fein, d.h. P240-280. MERKE! Beginnt das Untergrundmetall durchzuschimmern, ist das Schleifen zu beenden und nötigenfalls noch nicht glatte, also tiefere Stellen, mit erneutem Spachtelauftrag auszugleichen! Weiterschleifen hätte hier nur den Effekt, dass das erscheinende Metall später höher ist als Ihr Spachtelfleck. Metall ist nun mal härter als 2K-Spachtel und wird nicht in gleichem Maße wie die Spachtelmasse abgetragen.
  • WICHTIG! Keine grobe Schleifriefe nach dem Feinschliff! Nach spätestens drei Monaten sehen Sie die Nachlässigkeit im Lackbild. Kein Dichschichtfüller ändert etwas an dieser Tatsache!!!
  • Polyestermaterialien sind hygroskopisch, d.h. sie ziehen Feuchtigkeit an und müssen deshalb unbedingt mit Füller vor dem Lackieren isoliert werden. Diese Eigenschaft zeigt auch auf, warum es sinnvoll ist, als Unterrostungsschutz blanke Stellen vor dem Spachteln zu grundieren! NUR 2K-Epoxyprimer ist laut Datenblatt der Lackhersteller als Grundierung UNTER PE-Materialien vorgesehen - nichts anderes (Siehe ↑ "Die fachgerechte Vorbereitung"!
  • Deshalb auch stets Trockenschliff anwenden.
  • Soll Spraydosenfüller verwendet werden, ist als Feinschliff P360 zu empfehlen, weil 1K Sprühflaschen-Materialien keine sonderliche "Füll"-Wirkung besitzen. Dicker Auftrag hilft hier also gar nix! Nach spätestens ¼ Jahr ist der gesamte Lackaufbau Ihrer Reparaturlackierung so stark im Volumen geschrumpft, dass jeder Nachlässigkeitsfehler (wie z.B. verbliebene Schleifriefen im Spachtel) zu Tage treten....
 


Überdenkenswert - der Einsatz von 2K-Epoxyspachtel


als erste Schicht, quasi als Unterlage für den weiteren Spachtelaufbau. Vorteil sind extrem gute Haftung und hervorragender Korrosionsschutz. Man spart sich so den EP-Primerauftrag und hat schon ein Stück zur Flächenausbildung hergestellt. Nachteil ist die längere Aushärtung, die je nach Produkt mehrere Stunden umfassen kann. Es sollten dünne Schichten und diese langsam gezogen werden, denn auf Grund seiner puddingartigen Viskosität neigt manches Material bei zügiger Spachtelklingenführung zum Einrollen und damit Einschließen von Luftbläschen.
Da aber die erstgenannten Eigenschaften für uns wesentlicher sind, verwenden wir 2K-Epoxyspachtel bzw. das etwas flüssigere Derivat namens Metal Bond bei der Karosserieinstandsetzung im Bereich von Schweißnähten als Zinnersatz.

Wer mehr über die Unterschiede zwischen Epoxy und Polyester erfahren möchte, dem empfehle ich die Seite von fiberglasdiscount.

 

 akemi-Epoxyspachtel


Nicht ohne Grund ist ein Materialeinkauf bei uns


empfehlenswert. Sein Sie mal smart, clever oder einfach, dem Motto der Gegenwart folgend, „nicht blöd“! Warum im Baumarkt 'ne ganze Dose kaufen, wenn man nur'n Klecks braucht?! Das ist Geldverschwendung und ökologischer Frevel zugleich. Der nicht verbrauchte Rest wird alt, der Härter im günstigsten Fall grießig, wenn nicht komplett unbrauchbar. Irgendwann liegt das Zeug im Mülleimer.

WIR hingegen füllen Ihnen den für Ihren ganz bestimmten Zweck ausgesuchten Spachtel in entsprechender Eigenschaft und Menge ab! Können auch 'ne spezielle Mischung komponieren, z.B. Feinspachtel mit einem Klecks Glasfaser! Und versorgen Sie noch dazu mit etwaigen weiter benötigten Utensilien, wie Schleifmittel, Silikonentferner und Verdünner, aber auch dem wichtigen 2K-Epoxy-Primer, Füller und Lack.

 

 HT-Elastic & Flexi Fill & afin elastic

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